3D-Druck ist weit mehr als das Aufschmelzen von Kunststoffschichten. Jedes Material besitzt eigene Eigenschaften – von mechanischen Stärken und Grenzen über die Temperaturbeständigkeit bis hin zum Verhalten unter UV-Einfluss und den Besonderheiten im Druckprozess. Und genau diese Unterschiede entscheiden am Ende darüber, ob ein Bauteil nur gut aussieht oder im Alltag wirklich funktioniert.
Je tiefer man sich mit dem Thema beschäftigt, desto deutlicher wird: Die Materialwahl beeinflusst jeden Schritt des Prozesses. Ein flexibler TPU-Spoiler verhält sich völlig anders als ein PETG-Halter, und ein PLA-Objekt reagiert wesentlich empfindlicher auf Wärme als ein technisches Bauteil aus PETG.
Materialauswahl ist daher kein Zufall, sondern ein bewusster technischer Entscheidungsprozess.
In diesem Beitrag erkläre ich die drei Filamente, die ich in der Techwerkstatt täglich einsetze: PLA, PETG und TPU.
Ich zeige, wie sie sich in Bezug auf mechanische Belastbarkeit, Temperatur- und UV-Stabilität sowie Druckverhalten unterscheiden – und wofür sie sich in der Praxis eignen. Dazu kommen konkrete Beispiele aus meinen Projekten und Empfehlungen für Einsteiger, die verstehen wollen, warum bestimmte Bauteile aus dem einen und nicht aus dem anderen Material gefertigt werden.
Wenn du also wissen willst, warum PLA so sauber druckt, weshalb PETG die ideale Mitte aus Flexibilität und Festigkeit ist oder warum TPU gleichzeitig weich und trotzdem extrem robust sein kann, bist du hier genau richtig.
Bevor wir in die Details einsteigen, lohnt sich ein Blick auf die grundsätzliche Einordnung der drei Materialien. PLA, PETG und TPU unterscheiden sich nicht nur in ihrer Festigkeit oder Flexibilität, sondern auch darin, wie sie sich im Druck verhalten, wie temperatur- und UV-stabil sie sind und welche Anwendungen sie sinnvoll abdecken.
Um den Einstieg möglichst leicht zu machen, beginnen wir mit dem Material, das für viele Projekte die Basis bildet und den meisten Anwendern den ersten Zugang zum 3D-Druck bietet:
1. PLA – Präzision, einfache Verarbeitung und perfekte Oberflächen
PLA (Polylactid) gehört zu den beliebtesten Materialien im 3D-Druck – und das aus gutem Grund. Es lässt sich extrem einfach drucken, liefert saubere Ergebnisse und eignet sich ideal für dekorative oder maßhaltige Bauteile. Auch ich verwende PLA regelmäßig in der Techwerkstatt, vor allem wenn es auf saubere Kanten, feine Details oder geringe Verformung ankommt.
PLA ist ein Material, das sich bei niedrigen Temperaturen verarbeiten lässt und kaum zum Warping neigt. Dadurch eignet es sich hervorragend für Einsteiger, aber auch für komplexe Modelle, die eine zuverlässige Maßhaltigkeit benötigen.
Was PLA ausmacht: Technische Eigenschaften einfach erklärt
Temperaturverhalten:
PLA schmilzt bereits bei relativ niedrigen Temperaturen (i. d. R. 190–215 °C). Die Glasübergangstemperatur liegt bei etwa 55–60 °C. Das ist entscheidend:
Über diesem Bereich wird PLA weich und formbar, ohne wirklich zu schmelzen.
Deshalb verziehen sich PLA-Bauteile im heißen Auto oder bei direkter Sonneneinstrahlung schnell.
Mechanische Eigenschaften:
PLA ist hart und steif, aber im Vergleich zu PETG oder TPU eher spröde.
Das bedeutet:
- hohe Steifigkeit → sehr gute Maßhaltigkeit
- geringe Duktilität → bricht eher abrupt statt sich zu verbiegen
Für technische Teile, die Stöße abbekommen, ist PLA deshalb weniger geeignet.
Oberflächenqualität:
PLA liefert extrem glatte und saubere Oberflächen, weil das Material beim Drucken schnell abkühlt.
Mit gutem Cooling sind scharfe Kanten, filigrane Details und glatte Deckschichten problemlos möglich.
UV-Verhalten:
PLA ist nicht besonders UV-beständig.
Unter dauerhafter Sonneneinstrahlung kann es:
- vergilben
- spröder werden
- an Festigkeit verlieren
Für Outdoor-Projekte empfehle ich daher PETG oder ASA — PLA nur in Ausnahmefällen.
Feuchtigkeitsaufnahme:
PLA nimmt weniger Feuchtigkeit auf als PETG oder Nylon, aber längere Lagerung in feuchter Umgebung kann trotzdem zu:
- schlechter Layerhaftung
- mattem, rauem Extrusionsbild
- feinen Blasen im Filament
führen. Ein Filament-Trockenbox oder das AMS hilft enorm.
Wofür PLA ideal geeignet ist – typische Anwendungen in der Techwerkstatt
Ich nutze PLA vor allem dann, wenn:
✔ saubere Oberflächen wichtig sind
✔ kein hoher Temperatureinfluss zu erwarten ist
✔ Teile dekorativ oder optisch hochwertig wirken sollen
✔ Bauteile keine hohen Stoßbelastungen abbekommen
Dazu gehören z. B.:
- Fahrzeug-Silhouetten für Lightboxen
- Wanddekorationen
- Logos, Schriftzüge, Embleme
- Prototypen und Design-Studien
- Weihnachtsanhänger oder Schlüsselanhänger (nicht flexibel)
- Schablonen oder einfache Vorrichtungen
Vorteile
- sehr einfache Verarbeitung
- hervorragende Oberflächenqualität
- präzise Maßhaltigkeit
- kaum Warping
- große Farbauswahl
- geruchsarm beim Drucken
- ideal für feine Details und Deko-Objekte
Nachteile
- geringe Temperaturbeständigkeit
- spröder als PETG oder TPU
- mäßige Stoß- und Biegefestigkeit
- nicht ideal für dauerhafte UV-Belastung
- verformt sich im Sommer im Auto
Empfohlene PLA-Filamente
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2. PETG – Der robuste Allrounder zwischen Festigkeit und Flexibilität
PETG (Polyethylenterephthalat, glycol-modifiziert) ist das Material, das zwischen „dekorativ“ und „funktional“ liegt. Es ist stabiler und temperaturbeständiger als PLA, aber deutlich weniger kompliziert und empfindlich als technische Hochleistungswerkstoffe wie Nylon oder ASA.
In der Techwerkstatt kommt PETG immer dann zum Einsatz, wenn Teile mechanisch belastbar, zäh und dauerhaft einsetzbar sein müssen – sei es für Halterungen, technische Bauteile oder Komponenten, die nicht brechen dürfen.
Was PETG ausmacht: Technische Eigenschaften verständlich erklärt
Temperaturverhalten
PETG druckt üblicherweise zwischen 230–250 °C und hat eine Glasübergangstemperatur von ca. 75–80 °C.
Das bedeutet:
- deutlich hitzebeständiger als PLA
- im Auto, auf der Terrasse oder nahe einer Wärmequelle verzieht es sich nicht so leicht
- für Outdoor-Elemente oft wesentlich langlebiger
Für dauerhaftes UV- oder Wettereinfluss ist PETG allerdings nicht perfekt (besser wäre ASA), aber gegenüber PLA um Welten stabiler.
Mechanische Eigenschaften
PETG ist ein zähes Material.
Sein Verhalten liegt zwischen PLA und TPU:
- nicht so hart und spröde wie PLA
- nicht so flexibel wie TPU
- hohe Schlagzähigkeit
- sehr gute Layerhaftung
Die Zähigkeit ist der größte Vorteil:
Wo PLA brechen würde, gibt PETG ein Stück nach und federt Belastungen weg. Perfekt für Halterungen, Clips, Mechaniken oder Bauteile, die Vibrationen abbekommen.
UV-Verhalten
PETG ist deutlich UV-beständiger als PLA.
Unter Sonnenlicht:
- bleicht es kaum aus
- verliert nicht sofort Festigkeit
- bleibt länger formstabil
Es ist kein „UV-Profi“ wie ASA, aber in den meisten Alltagsfällen absolut ausreichend.
Feuchtigkeitsaufnahme
PETG nimmt etwas mehr Feuchtigkeit auf als PLA.
Feuchtes PETG zeigt typische Anzeichen:
- Fädenbildung („Stringing“)
- kleine Bläschen
- leicht rauere Oberfläche
Mit AMS, Trockenbox oder gelegentlichem Nachtrocknen (65 °C für mehrere Stunden) lässt sich das gut vermeiden.
Wofür PETG ideal geeignet ist – typische Anwendungen in der Techwerkstatt
Ich verwende PETG immer dann, wenn Bauteile mechanisch belastbar und dauerhaft einsetzbar sein müssen, ohne die Flexibilität von TPU zu benötigen.
Typische PETG-Projekte bei mir:
✔ Funktionale Bauteile für Carrera Digital 132 (z. B. Halterungen, Verbindungsstücke)
✔ Kleine mechanische Komponenten im Automotive-Bereich
✔ Stabile Wandhalterungen und Werkzeughalter
✔ Vorrichtungen, Adapter, Abstandshalter
✔ Gehäuseteile und Abdeckungen
✔ Teile, die leichte Vibrationen abkönnen
PETG ist gerade in Hobby-Werkstätten ein perfekter Kompromiss: langlebig, robust und verlässlich
Vorteile
- sehr hohe Zähigkeit
- bessere Temperaturbeständigkeit als PLA
- kaum Warping
- hohe Layerhaftung
- stoßfester als PLA
- für viele technische Teile ideal
- mäßig UV-stabil
Nachteile
- tendiert zu Stringing
- benötigt mehr Feintuning im Druck
- zu viel Cooling verschlechtert die Layerhaftung
- etwas empfindlicher beim Nachbearbeiten (schmiert bei hoher Hitze)
- neigt dazu, an der Druckplatte festzukleben
Empfohlene PETG-Filamente
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3. TPU – Flexible, widerstandsfähige Bauteile für funktionale Anwendungen
TPU (Thermoplastisches Polyurethan) ist ein faszinierendes Material: flexibel wie Gummi, gleichzeitig zäh wie Kunststoff und extrem widerstandsfähig. Es wird überall dort eingesetzt, wo Bauteile Stöße abfangen, sich biegen oder dauerhaft bewegen müssen – ohne zu brechen.
In der Techwerkstatt nutze ich TPU vor allem für flexible Spoiler, Dämpfer, Clips und Bauteile, bei denen starre Materialien wie PLA oder PETG keine Chance hätten.
Was TPU ausmacht: Technische Eigenschaften verständlich erklärt
Flexibilität & Shore-Härte
Die wichtigste Eigenschaft von TPU ist seine Flexibilität, angegeben durch die Shore-Härte.
Je kleiner der Wert, desto weicher das Material.
Typische Bereiche:
- 82A – sehr flexibel, gummiartige Haptik (z. B. Recreus Filaflex 82A)
- 95A – halbflexibel, deutlich steifer, aber noch gut biegbar
- 98A – recht fest, eher für robuste Clips oder Halter
Temperaturverhalten
TPU wird meist zwischen 210–240 °C gedruckt, abhängig von Härte und Hersteller.
Die Glasübergangstemperatur liegt relativ niedrig (ca. –30 bis 0 °C), aber das Material bleibt auch bei höheren Temperaturen stabil und verformt sich nicht so schnell wie PLA.
Wichtig ist:
- TPU schmilzt sehr zäh
- es verhält sich im Extruder wie ein weiches Gummi
- dadurch entstehen beim Drucken völlig andere Herausforderungen als bei PLA und PETG
Mechanische Eigenschaften
TPU kombiniert drei Werkstoffvorteile:
- hohe Abriebfestigkeit
- extreme Biegefestigkeit
- sehr gute Schlagzähigkeit
Es ist nahezu unzerstörbar bei normaler Anwendung — perfekt für Teile, die Stöße absorbieren müssen.
Typische Eigenschaften:
- lässt sich weit dehnen, ohne zu reißen
- reißt nicht spröde, sondern hält Belastungen elastisch stand
- verträgt dauerhafte Bewegungen und Knicke
Deshalb eignet es sich hervorragend für Spoiler, Schutzelemente, Vibrationspuffer, Rollen und Dichtungen.
UV-Verhalten
TPU ist relativ UV-stabil.
Es bleicht weniger aus als PLA und bleibt insgesamt flexibel. Langfristige Sonneneinstrahlung kann es aber leicht härter machen.
Für Outdoor-Bauteile ist es deutlich geeigneter als PLA und oft genauso brauchbar wie PETG.
Feuchtigkeitsaufnahme
TPU nimmt moderat Feuchtigkeit auf. Feuchtes TPU zeigt:
- ungleichmäßigen Extrusionsfluss
- kleine „Pickel“ in der Oberfläche
- deutlich mehr Stringing
- weichere, schlechter definierte Kanten
Trockenbox oder AMS sind hier ideal. Ein kurzer Trocknungslauf (55–60 °C für 4–6 Stunden) wirkt oft Wunder.
Wofür TPU ideal geeignet ist – typische Anwendungen in der Techwerkstatt
TPU verwende ich überall dort, wo Teile stoßfest, flexibel oder abriebfest sein müssen.
Typische TPU-Projekte bei mir:
✔ Flexible Carrera 132 Spoiler
✔ Vibrationsdämpfer, Schwingungsabsorber
✔ Clips, die sich öffnen und schließen sollen
✔ Kabeldurchführungen, Knickschutze
✔ Griffe oder Antirutsch-Elemente
✔ Schutzhüllen oder Kontaktflächen
Kurz gesagt:
Wenn ein Teil sich biegen oder nachgeben darf, ist TPU das Material der Wahl.
Vorteile
- sehr flexibel bis halbflexibel (je nach Shore-Härte)
- extrem abriebfest
- stoß- und schlagzäh
- UV-stabiler als PLA
- hervorragende Layerhaftung
- unempfindlich gegenüber Vibrationen
- ideal für Bauteile mit Bewegungs- oder Kontaktbelastung
Nachteile
- deutlich langsamer zu drucken
- neigt zu Stringing
- Retraction empfindlich
- braucht stabile Filamentführung (AMS nur bedingt geeignet)
- geringere Detailgenauigkeit als PLA oder PETG
- schwerer exakt zu schleifen oder nachzubearbeiten
Empfohlene TPU-Filamente
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4. PLA, PETG oder TPU? – Die wichtigsten Eigenschaften im direkten Vergleich
Um die Materialwahl zu erleichtern, habe ich die wichtigsten Eigenschaften von PLA, PETG und TPU gegenübergestellt. Die Tabelle zeigt auf einen Blick, welches Filament sich für welchen Einsatzzweck eignet.
| Eigenschaft | PLA | PETG | TPU |
|---|---|---|---|
| Drucktemperatur | 190–215 °C | 230–250 °C | 210–240 °C |
| Glasübergangstemperatur (Wärmeformbeständigkeit) | ~55–60 °C (niedrig) | ~75–80 °C (mittel) | sehr niedrig, bleibt aber stabil |
| Steifigkeit | hoch | mittel, zäh | flexibel bis sehr flexibel |
| Schlagzähigkeit | gering (spröde) | hoch | extrem hoch |
| Warping-Neigung | sehr gering | sehr gering | sehr gering |
| Cooling-Anforderungen | stark | moderat | gering–mittel |
| UV-Beständigkeit | gering | mittel | mittel–hoch |
| Feuchtigkeitsaufnahme | gering | mittel | mittel |
| Layerhaftung | gut | sehr gut | hervorragend |
| Stringing-Neigung | gering | mittel | hoch |
| Druckgeschwindigkeit | hoch | mittel-hoch | niedrig |
| Nachbearbeitung | gut schleifbar, hitzeempfindlich | mäßig schleifbar, schmiert bei Hitze | schwer zu schleifen, gute Elastizität |
| Typische Anwendungen | Deko, Modellbau, Prototypen, Lightbox-Silhouetten | Halterungen, technische Bauteile, Gehäuse, Vorrichtungen | Spoiler, Dämpfer, Clips, Schutzelemente |
| Stärken | extrem einfach zu drucken, saubere Details | robust, temperaturbeständig, zäh | flexibel, stoßfest, langlebig |
| Schwächen | hitzeempfindlich, spröde | Stringing, zu starke Haftung, Feuchtigkeit | langsamer Druck, Nachlaufen, weniger präzise |
| Techwerkstatt-Einsatz | Lightboxen, Deko, Schriften, Anhänger | Halterungen, mechanische Teile, technische Projekte | Carrera-Spoiler, flexible Clips, Kontaktflächen |
5. Fazit
Die Wahl des richtigen 3D-Druckmaterials entscheidet maßgeblich darüber, wie zuverlässig und langlebig ein Bauteil später ist. PLA, PETG und TPU decken dabei ein breites Spektrum ab – von präzisen Deko-Elementen über robuste technische Komponenten bis hin zu flexiblen Teilen, die Belastungen problemlos standhalten.
PLA überzeugt durch seine einfache Verarbeitung und die hohe Detailgenauigkeit. PETG bietet die ideale Balance aus Festigkeit, Temperaturbeständigkeit und Zähigkeit und eignet sich dadurch hervorragend für funktionale Anwendungen. TPU wiederum kommt ins Spiel, wenn ein Bauteil flexibel, stoßfest oder besonders widerstandsfähig sein muss.
Wichtig ist nicht, welches Material „besser“ ist, sondern welches am besten zu deinem Projekt passt. Wer versteht, wie sich die drei Filamente verhalten – beim Drucken und im Einsatz – kann gezielt entscheiden und holt das Maximum aus seinem 3D-Drucker heraus.
In der Techwerkstatt setze ich alle drei Werkstoffe regelmäßig ein, je nach Anforderungen an Belastbarkeit, Optik und Funktion. Wenn du noch unsicher bist, welche Lösung für dein Projekt sinnvoll ist oder Unterstützung bei der Materialwahl brauchst, kannst du dich jederzeit gerne melden. Ich helfe dir dabei, dein Bauteil so umzusetzen, dass es nicht nur gut aussieht, sondern auch langfristig zuverlässig funktioniert.

